Die Schilderarten der
Lokomotiven aus der Lokfabrik
„Oktoberrevolution“ Luhansk / Woroschilowgrad
Reichsbahn-Diesel der Baureihen V200 (120) und V300 (130, 131, 132, 142) und ihre Schilder...
Ein völlig neues Erscheinungsbild in Sachen
Lokomotivschilder bei der Deutschen Reichsbahn, zeigte sich im Jahr
1966, als mit V200 001 die erste von der Lokomotivfabrik
„Oktoberrevolution“ in Luhansk (ab 1970 Woroschilowgrad) gebaute
Taigatrommel den Weg auf die Gleise der Deutschen Reichsbahn fand.
Der Hersteller lieferte für alle dort gebauten Lokomotiven für die DRo,
diese mit emaillierten Nummernschildern an den Stirnseiten sowie mit
Nummernschildern aus Aluminiumguss an den Seitenwänden aus (außer
130 001 bis 130 036 welche Glasschilder anstatt der Gussschilder
besaßen). Ergänzt wurde die Beschilderung durch ebenfalls an der
Seite befindliche Herstellerschilder (Fabrikschilder), welche
ebenfalls aus Aluguss hergestellt wurden. |
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Geschichte der Lokfabrik „Oktoberrevolution“ Luhansk / Woroschilowgrad |
Die Lokomotivfabrik Luhansk (ukrainisch Луганський тепловозобудівний завод (ЛТЗ), deutsche Transliteration Luhanskyj Teplowosobudiwnyj Sawod (LTS), auf Deutsch Luhansker Diesellokomotivfabrik) ist die größte Lokomotivfabrik Europas. Das Werk liegt in Luhansk, Ukraine und beliefert hauptsächlich die GUS-Länder mit Diesellokomotiven für den Güterverkehr. Während der Umbenennung von Luhansk in Woroschilowgrad (1935 bis 1958 und von 1970 bis 1992) hieß das Werk der Stadt entsprechend Lokomotivfabrik Woroschilowgrad (ukrainisch Ворошиловградкий тепловозобудівний завод (ВТЗ), deutsche Transliteration Woroschilowgradskyi Teplowosobudiwnyj Sawod (WTS), auf Deutsch Woroschilowgrader Diesellokomotivfabrik). Seit 1995 heißt das Werk Luhanskteplowos (ukrainisch Лугансктепловоз, deutsch wörtlich: Luhansk Diesellokomotive). Die Fabrik wurde am 3. Mai 1896 von Gustav Hartmann, dem Sohn von Richard Hartmann, unter dem Namen Russische Maschinenbaugesellschaft Hartmann in Luhansk gegründet. Die erste Dampflokomotive verließ im Jahr 1900 die Werkshalle. Schon bald begann man, mit den Lokomotivfabriken in Brjansk und St. Petersburg (Putilow) zu konkurrieren. Die Lokomotiven des Unternehmens wurden im gesamten Eisenbahnnetz des Zarenreiches eingesetzt. 1918 wurde der Name in Lokomotivfabrik Oktoberrevolution geändert. Zwischen 1928 und 1933 wurde die Fabrik modernisiert und erweitert. In den 1930er Jahren waren die 1'E1'-Güterzuglokomotiven des Typs FD und die Personenzuglokomotiven des Typs IS die wichtigsten Produkte. Zu dieser Zeit wurde das Unternehmen zur größten Lokfabrik in Europa. Während des Zweiten Weltkrieges musste die Produktion verlagert werden, und erst 1943 konnte am alten Standort mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Die erste Lok wurde im Oktober 1945 fertig gestellt. Insgesamt wurden bis 1956 über 12.000 Dampflokomotiven hergestellt. In den 1950er Jahren begann die Umstellung der Produktion auf Diesellokomotiven sowie die Einführung von mechanisierten Fertigungsstraßen. 1956 wurden mit Lokomotiven der SŽD-Baureihe ТЭ3 die ersten dieselelektrischen Triebwagen der Lokfabrik fertig gestellt. Ende der 1950er Jahre wurde eine Reihe von dieselhydraulischen Lokomotiven mit 1.500 bis 4.080 PS angeboten. Ab 1961 wurden Diesellokomotiven in Großserie gebaut. Besonders die Lokomotive vom Typ 2TE10 (L, M, U und Unterarten) wurde mit 12.000 Einheiten zu einem der wichtigsten Loktypen in der UdSSR. Zu den in Luhansk hergestellten Lokomotiven gehören auch die Baureihen V 200 und die speziell für deutsche Verhältnisse konstruierten 130 bis 142 der Deutschen Reichsbahn. Ab 1977 begann die Erprobung der Doppellokomotive 2TE121 mit 2 × 4.080 PS Motoren. Auf dieser Grundlage entstanden weitere Lokomotivtypen mit einer Leistung zwischen 4.080 und 6.120 PS. Zur gleichen Zeit begannen Versuche mit der Drehstromantriebstechnik und Flüssiggasantrieb. Ende der 1970er Jahre war das Unternehmen an der Kapazitätsgrenze angelangt und es mussten umfangreiche Erweiterungsbauten erfolgen. Mit 115 bis 200 Lokomotiven im Monat erreichte die Produktion einen Weltrekord. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks wurde das Unternehmen am 3. Oktober 1995 unter dem Namen OAO Luhanskteplovoz verstaatlicht. 2006 erfolgte die Privatisierung als ХК Luhanskteplovoz. 2007 wurden in einer Auktion zur Privatisierung von Staatsbetrieben 76 % der Aktien des stark defizitären Unternehmens von der Maschinenfabrik Brjansk ersteigert, welche zur russischen Transmashholding gehört. Gegen den Verkauf klagten mehrere nicht zur Auktion zugelassene Mitbewerber vergeblich. Später wurde in Zweifel gezogen, ob der erzielte Verkaufserlös tatsächlich bezahlt wurde. Durch den Krieg in der Ukraine seit 2014 und die damit einhergehenden Kämpfe und Ausschreitungen in und um Luhansk kamen Produktion und Auslieferung weitgehend zum Erliegen. Die Produktionsstätten des Unternehmens befinden sich zudem auf dem politisch wie wirtschaftlich weitgehend isolierten Gebiet der im April 2014 ausgerufenen sogenannten Volksrepublik Luhansk. 2015 verlegte Luhanskteplovoz seinen Geschäftssitz ins nahe Sjewjerodonezk. Luhansk, Montagehalle 1933 (Quelle Wikipedia, freies Bildmaterial) |
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Die an den Stirnseiten zwischen den
Lampenkästen der Lokomotiven angebrachten Lokschilder bestehen aus einer
gewölbten Blechplatte, die an beiden Enden 90° abgewinkelt sind. Die
Vorderseite ist schwarz/weiß emailliert, wobei die Schilder komplett
weiß und dann die Nummer im Negativ schwarz emailliert wurden. Zudem
zierte ein weiß emaillierter Rand das äußere, welcher den Bereich der
Befestigungslöcher schwungvoll mit einschließt. Die Rückseite ist in den
meisten Fällen mit schwarzem Lack überzogen, es gibt jedoch auch welche
die ganz (V 200 057) oder teilweise weiß emailliert sind (132 546-3).
Die Abmessungen betragen 720 x 200 mm und für die Ziffernhöhe sind 120
mm vorgeschrieben. Die Schriftstärke laut Zeichnung beträgt 18 mm, wobei
auch in einzelnen Ziffernbereichen nur 13 mm möglich sind. Ebenso stark
variiert die Länge des Striches für die Selbstkontrollziffer. Sind 50 mm
vorgeschrieben, so zeigen sich auch Schilder mit nur einem 32 mm lange
Strich. Hier am Beispiel in der Konstruktionszeichnung des Emaille-Frontschildes 132 001-9: |
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Die an den Seitenwänden mittig des Lokkastens angebrachten
Schilder sind aus Aluminiumguss. Der Untergrund (außer im Bereich der
Bohrlöcher) ist geriffelt (kleine Rauten bzw. Quadrate). Auf den 530 x 230 mm
(Baureihe 130 bis zu 533 x 233 mm) großen Schildern ist im unteren
Bereich der Vorderseite die Loknummer mit der darüber aufgebrachten
Eigentumsbezeichnung „Deutsche Reichsbahn“ in erhabenem Schriftbild
gegossen. Die Ziffernhöhe beträgt 90 mm. Laut Werkszeichnung haben die
Ziffern eine Stärke von 13 mm und die Eigentumsbezeichnung eine Stärke
von 7 mm. Vom Riffelgrund heben sich die Ziffern mit 4-5 mm, die der
Eigentumsbezeichnung mit 3-4 mm ab. Die Stärke der Grundplatte variiert
teilweise erheblich. Haben zu Anfang der Lieferzeit (1966) die Schilder
etwa eine Stärke von 13 mm, so zeigen sich 1980 einige Gussschilder mit
18 mm. Die Rückseite ist als Hohlguss ausgeführt, zudem zieren zwei
diagonal von den Befestigungslöchern aus laufende Linien das Schild,
welche sich in der Mitte durchkreuzen. Diese Erhebung reicht mal bis
direkt an die Befestigungslöcher heran, mal endet sie kurz davor. Oft
sind Abdrücke von der in der Gussform der Gießerei vorhandenen Schrauben
und Muttern auf der Rückseite zu sehen. Bei den ersten V 200-Schildern
ist eine kleine Gravur (ПK 412) auszumachen, sonst sind keine
Stempelungen zu finden. Hier am Beispiel in der Konstruktionszeichnung des Emaille-Frontschildes V200 000: |
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Besonders einfallsreich zeigte sich das Herstellerwerk in
der Gestaltung der seitlichen Nummernschilder bei den ersten Lokomotiven
der Baureihe 130. Beginnend mit 130 001 wurden bis zur Nummer 130 036
alle Lokomotiven mit Glasschildern ausgestattet. Diese waren mittels
einer Gummifassung in den Montage-Türen eingesetzt und besitzen somit
keine Befestigungslöcher. Die Ziffern (Abweichendes Schriftbild zu allen
anderen Schildern der DR-Lieferung) sind mittels zweier Folien in
Spiegelschrift auf der Rückseite angebracht. Die Maße sind 695 x 199 x 5
mm. Die Ecken sind rundlich ausgeführt und zeigen in etwa ein Abbild
eines Emaille-Frontschildes ohne den weißen Rand. Am unteren rechten
Befestigungsloch zeigte sich zudem ein spiegelverkehrter Aufdruck in
kyrillischer Schrift. Es zeigt folgendes Schriftbild „ЗAКАЛЕННОЕ –
АВТОСТЕКЛО – M2“,
übersetzt mit "realisiert Fenster M2". Als Besonderheit sei angemerkt, dass durch hinter dem Schild eingesetzte Leuchtmittel die Schilder an den Lokomotiven nachts beleuchtet werden konnten. Vermutlich durch die Hitzeentwicklung vom inneren der Lok blätterten im Laufe der Jahre bei vielen Lokomotiven die Farbe und die Ziffern von der Rückseite des Schildes ab, weshalb die Nummer mittels Farbe neu aufgetragen werden musste. Diese Schilder haben vom Schriftbild leider nichts mehr mit dem Original gemeinsam. Somit sind viele Schilder durch diesen Vorgang oder gar durch Unfälle zum Opfer gefallen. Der Vandalismus zu Beginn der 90er Jahre (als viele Loks dieser Baureihe noch mit ihren Schildern abgestellt waren), wobei wiederum Schilder durch Steinwürfe zerstört worden sind, minimiert die Anzahl der ohnehin ursprünglich nur 72 Stück umfassenden Glasschilder um ein deutliches. |
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Da auf den Glasschildern dieser 36 Lokomotiven (im
Gegensatz zu den Aluguss-Seitenschildern) keinerlei Eigentumsbezeichnung
zu finden war, brachte das Werk in Luhansk ein Einzelschild mit dem
Schriftzug „Deutsche Reichsbahn“ etwas oberhalb der Loknummer an. Dieses
sieht in erster Linie aus, wie der obere Teil eines Seitengussschildes,
hat Riffelgrund (Rauten - jedoch um bis zu 2 mm länger als bei den
Seitengussschildern) und besitzt vier Befestigungslöcher an den Ecken. Das
Schild (536 x 115 x 12 mm) war ab Werk ebenso metallisch blank und
verdreckte später genau, wie alle anderen Seitengussschilder. Auch die
Rückseite ist identisch mit dem der Seitengussschilder, wenn auch in
kleinerer Form. Die Schriftstärke beträgt ebenso 7 mm. Als einige Bahnbetriebswerke im Jahr 1970 die Seitenschilder der V200 abbauten und durch neue EDV-Schilder ersetzten, wurden bei einigen dieser Schilder die Eigentumsbezeichnung vom Rest des Schildes abgetrennt und weiterverwendet. Diese sind an der unteren Kante „scharfkantig“ und besitzen somit auch keine eingegossenen Befestigungslöcher im unteren Bereich und sollten somit nicht mit den 130-Schriftzügen verwechselt werden! |
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Jede von der UdSSR für die Reichsbahn gebaute Maschine besaß zwei Herstellerschilder (Fabrikschilder), jeweils eines pro Seitenwand. Diese Schilder sind ebenfalls in Aluguss (mit Rand, leichter Hohlguss) gehalten und wechselten im Laufe der Lieferzeit mehrmals ihre Form und Farbe. |
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Die erste und zugleich größte Variante galt vom ersten Herstellerjahr 1966 bis zum Jahr 1972. Die Maße betragen 395 x 253 x 12 mm, die Schriftstärke ist 15-17 mm (außer „CCCP, ЛУГАНCКИЙ und ТЗ“). Anzahl der Befestigungslöcher: vier. Alle Schilder waren ursprünglich gelb gehalten, die minimale Vertiefung im Bereich des ТЗ-Symboles und des Sowjetsternes rot (später oft auch in gelb um lackiert). Bei Hauptuntersuchungen, vornehmlich mit einer neuen Lackierung, wechselte die Farbe des kompletten Untergrundes auf blau. Das Schriftbild lautet: „CCCP – ЛУГАНCКИЙ – ТЗ – ТЕПЛОВОЗОСТРОИТЕЛЬНЫЙ ЗАВОД – ИМЕНИ ОКТЯБРЬCКОЙ РЕВОЛЮЦИИ“ [übersetzt: „SSSR – Luhansk – Lokomotivbau Fabrik – Name der Oktoberrevolution“] |
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Vorder- und Rückseite Fabrikschild (oval, groß) der V200 084 |
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Detail-Aufnahme: Schriftbild + Untergrund |
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Detail-Aufnahme: Zifferngravur 57855 beim Fabrikschild |
![]() Varianten Fabrikschilder (oval, groß) – v.l.n.r. 130 059-9, 130 044-1, V200 242 (120 242-3), 130 024-3, V200 054 (120 054-2) und 130 021-9 |
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Fabrikschild (oval, groß) der 130 042, gelb, |
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Im Gegensatz zu den noch folgenden Rauten und kleinen ovalen Fabrikschildern, besitzen alle großen ovalen Schilder eine Zifferngravur in der Umrandung auf der Vorderseite. Diese ist meist jedoch nur schwach erkennbar, bzw. ist sie bereits gänzlich heruntergeschliffen. Die Bedeutung der Zahlenkombination 57855 ist bislang ungeklärt. Wobei die Ziffern „5“ auch Buchstaben „Б“ sein könnten. | |||
Diese Variante wurde von der Lokfabrik von 1973 bis 1977 verwendet. Das Maß für die rautenförmigen Schilder beträgt 399 x 244 x 12 mm, Schriftstärke ist 2 mm (außer „CCCP und ВЗОР“). Anzahl der Befestigungslöcher: drei. Alle Fabrikschilder in dieser Form wurden an die DRo ausnahmslos mit blauem Untergrund geliefert, nur die der Werkbahn V 200.5 waren ab Werk gelb. Bei Hauptuntersuchungen wurden später vereinzelte Fabrikschilder der Reichsbahn Baureihen 120, 131 und 132 durch das Raw Cottbus ebenfalls auf gelb um lackiert. Das Schriftbild lautet: „CCCP – ВЗОР – ТЕПЛОВОЗОСТРОИТЕЛЬНЫЙ ЗАВОД – ИМЕНИ ОКТЯБРЬCКОЙ РЕВОЛЮЦИИ – ВОРОШИЛОВГРАД“ [übersetzt: „SSSR – (ВЗОР = Kürzel für Woroschilowgrad Fabrik Oktober Revolution) – Lokomotivbau Fabrik – Name der Oktoberrevolution – Woroschilowgrad“] |
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![]() Vorder- und Rückseite Fabrikschild (Raute) der 132 314-6 – Blau, mit der Zeit stark ausgeblichen |
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Detail-Aufnahme: Schriftbild + Untergrund |
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Detail-Aufnahme: Befestigungsloch |
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Detail-Aufnahme: Befestigungsloch, Rückseite |
![]() Varianten Fabrikschilder (Raute) – v.l.n.r. 132 477-1, 132 314-6, 132 465-6, 132 490-4, 132 457-3 und 132 163-7 |
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Oval, klein: Die letzte und zugleich von der Größe her kleinste Form der Fabrikschilder besaßen die letztgebauten Lokomotiven der Baureihe 132 (ab 1978) und die sechs Loks der Baureihe 142 (ab 1976). Die Maße betragen bei diesen 300 x 149 x 12 mm, Schriftstärke ist 3 mm (außer „ВЗОР“). Anzahl der Befestigungslöcher: zwei. Wie die „Rauten“ waren auch hier alle Schilder ab Werk in Blau lackiert, welche aber später ebenfalls teilweise bei Neulackierungen durch das Raw in Cottbus auf Gelb wechselten. Das Schriftbild lautet: „ВЗОР – MADE IN USSR“ [übersetzt: „(ВЗОР = Kürzel für: Woroschilowgrad Fabrik Oktober Revolution) – Hergestellt in USSR“] |
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Vorder- und Rückseite Fabrikschild (oval, klein) |
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Detail-Aufnahme: |
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Detail-Aufnahme: |
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Detail-Aufnahme: |
Bei vielen Fabrikschildern sind auf der Rückseite die
Ordnungsnummer sowie ein „R“ für rechte Seite oder „L“ für linke Seite
eingestanzt. Diese meistens im Bereich eines der Befestigungslöcher
ausgeführte Prozedere ist bisher allerdings nur bei der Baureihe V200/120 bekannt.
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Detail-Aufnahme: |
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Ersatzfabrikschild (keine Fälschung) |
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Ersatzfabrikschild (keine Fälschung) |
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Für die noch als Baureihe V200 gelieferten Lokomotiven mit den Ordnungsnummern 001 bis 314 musste die Deutsche Reichsbahn im Jahr 1970 neue Schilder mit der nun gültigen Betriebsnummer 120 beschaffen. Somit erhielten ab Juni 1970 die oben genannten Lokomotiven in ihren Heimatbahnbetriebswerken vier EDV-Schilder aus der Zentralwerkstatt Pockau, je eines für jede Stirn- und Seitenwand. In den meisten Fällen nutze man die gleichen Befestigungslöcher, welche bis dahin für die alten V200-Emaillefront- und V200 Alugussseitenschilder genutzt worden sind. So lassen sich auch heute noch EDV-Nietschilder zweifelsfrei als ein Vorder- bzw. Hinterschild oder als ein Seitenschild identifizieren. Bei den Nietschildern für die Seitenwände gab es in den Bahnbetriebswerken jedoch zwei unterschiedliche Methoden der Anbringung. Bei der ersten Variante befinden sich vier Befestigungslöcher an den äußersten Rändern des EDV-Schildes (nur durchgeführt durch die Bw Cottbus und Neustrelitz). Ebenfalls in ersten Variante, jedoch als Sechslochschild, führten die Bw Pankow, Erfurt, Eisenach, Weißenfels, Altenburg, Wahren, Güsten und Magdeburg die Umzeichnungen aus. Die zweite Variante besitzt ebenfalls nur vier Löcher, jedoch den kurzen Bohrlochabstand des alten V200-Alugussseitenschildes (durchgeführt in den Bw Stralsund, Wittenberge, Hagenow, Falkenberg, Lu-Wittenberg, Karl-Marx-Stadt, Reichenbach und Dresden). Bei dieser Variante mussten jedoch zwei Metallstücke rückseitig am EDV-Schild angeschraubt werden, um so den Höhenunterschied zu den alten Befestigungslöchern des alten V200-Alugussseitenschildes auszugleichen. Das Bw Halle G machte es sich sogar noch einfacher in der Variante zwei: Dort befestigte man die EDV-Schilder für die Seitenwände mit nur zwei Schrauben, welche sich sozusagen mitten im Schild befanden. |
Wissenswertes | |||
Die Deutsche Reichsbahn war keineswegs der „Erfinder“ dieser doch recht ungewöhnlichen Emaillefront- und Seitengussschilder, mit welchen die Importlokomotiven bestellt und geliefert wurden. Auch keine der bis zu diesem Zeitpunkt bei der Lokfabrik in Luhansk gefertigten Loktypen besaßen Schilder in einer dieser beiden Ausführungen. Vielmehr liegt der Ursprung dieser Schilderarten in Ungarn, denn nur dort waren bis dato Dampf- und Diesellokomotiven mit diesen typischen Schildern im Einsatz. Als Mitte der 60er Jahre die Ungarische Staatsbahn den Loktyp M62 (DRo V200) bei der Lokomotivfabrik in Luhansk bestellte, bestand man darauf, dass diese und die folgenden nach Ungarn gelieferten M62 ebenfalls mit solchen Schildern ausgerüstet werden müssen. So stand wie gewünscht im Jahr 1965 die erstgebaute Serienlok der Baureihe M62 auf den Gleisen zur Übergabe bereit. An den Stirnseiten hingen Schilder aus Emaille und an den Seiten solche aus Aluguss mit Riffelgrund. Diese Schilderarten übernahm dann später auch die Reichsbahn, nur die Schrifttype wurde verändert. | |||
![]() Emaillefront- und Seitengussschild der ungarischen Taigatrommel M62-227 in Emaille (oben) und Aluminiumguss (unten) |
![]() Rückseiten der Seitengussschilder der ungarischen M62-227 (oben) und der Reichsbahn V200 287 (unten). Die Maße sind identisch, nur das kreisförmige Muster (Symbol für die Ungarische Staatsbahn) zeigt sich als einiger Unterschied. |
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Emaillefront- und Seitengussschild einer in den 50er Jahren gebauten
ungarischen Dampflok. |
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Neben der Deutschen Reichsbahn bekamen auch
zwei Werkbahnen im Bereich der DDR fabrikneue Taigatrommeln aus der
Sowjetunion. Die als V200.5 bezeichneten Lokomotiven besaßen anstatt der
üblichen Seitengussschilder an dieser Stelle ebenfalls Emailleschilder. Die als Baureihe 131 von der Deutschen Reichsbahn bestellten Lokomotiven wurden durch den Hersteller anfangs noch als 130 beschildert. Der letztgebauten 130 mit der Ordnungsnummer 080 sollte eigentlich die Baureihe 131 (beginnend mit der Nummer 001) folgen, welche aber verkehrter weise als 130 081 bis 130 100 sowie 130 103 bis 130 108 bei der DR eintrafen. Diese Lokomotiven wurden gleich nach Eintreffen im Abnahme-Raw Dessau in die „richtige“ Baureihe (131 001 – 131 026) umgezeichnet und erhielten vier EDV gerechte Nietschilder aus der Zentralwerkstatt Pockau. Die ursprünglichen und falschen Emaille- und Gussschilder dieser Loks waren somit nur für wenige Wochen an der Lok und die Lokomotiven so nie bei der Reichsbahn in Betrieb. Interessehalber sei gesagt, dass die Prototypen für die Zugheizung als 130 101 und 130 102 in Betrieb gingen und somit nicht mit der Baureihe 131 in Verbindung stehen, daher erfolgte auch keine Umzeichnung in die Baureihe 131. Die Lokomotiven 131 001 - 131 026 mussten durch das Raw Dessau auch mit neuen "Deutsche Reichsbahn" Schriftzügen ausgestattet werden, da mit den falschen Gussschildern auch die bisher angebrachte Eigentumsbezeichnung entfiel. Bisher fast unbekannt, jedoch durch viele Aufnahmen nunmehr "ans Licht" gekommen, bekamen die 131 die bisher ausschließlich bei Altbau-Elektrolok bekannten Rand-Schriftzüge, in Aluguss, mit Riffelgrund und in 6-Loch Ausführung (siehe Galerie Eigentums-Schilder DR-Ost). Höchste bisher bekannte Nummer ist 131 015, welche bildlich mit diesen Schildern belegt ist. Über die Nummern 131 016 - 131 026 gibt es bisher keine genauen Informationen. Alle vorliegenden Aufnahmen dieser Nummernreihe zeigen diese mit Schriftzügen in Normal-Ausführung (Aluguss). Als Anmerkung sei gesagt, dass möglicherweise auch 131 001 - 131 015 später diese Ausführung erhielt, nachdem die Rand-Schriftzüge dem "Schilderklau" zum Opfer fielen. Die ersten Rautenförmigen Fabrikschilder besaßen im Bereich der Fabriknummer und des Baujahres anfänglich eine andere Schrifttype, besonders auffällig beim „N“ und bei der Ziffer „9“ des Baujahres. Dabei wirkte die ganze Schrift „klobiger“ als die spätere Variante. Als Bemerkung sei dazu gesagt, dass der Rohling der Gussform ursprünglich nur aus dem „N____“ und „197_ r.“ bestand. Die fehlenden Ziffern wurden dann mittels einzelnen „Ziffern-Plättchen“ eingesetzt und das Schild anschließend fertig gegossen. Jedoch änderte die Ziffernplatte „9“ noch während der alten Schrift sein Aussehen, weshalb es gegenüber der ursprünglichen Gussform zu unterschiedlichen Arten der „9“ kam. Im Lieferjahr 1974 hielt schließlich ein komplett neuer Schrifttyp Einzug. Er ist wesentlich schmaler ausgeführt und das „N“ zeigt sich dabei ohne Häkchen." |
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Drei Lokomotiven der
Baureihe 130 wurden Ende der 70er bzw. Anfang der 80er Jahre in die
Baureihe 131 umgebaut. Die Loks 130 058-1, 130 060-7 und 130 064-9
erhielten nach dem Umbau die Nummern 131 158-8, 131 160-4 und 131 164-6.
Jedoch bekamen die Loks nur teilweise neue Schilder, denn die
Seitengussschilder und zumindest das Emaille-Frontschild der 130 060-7
wurden „angeglichen“. Nur eine einzige von
1251
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Sonderschild: |
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Sonderschild: |
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Sonderschild: |
![]() Glas-Seitenschild an der Ausstellungslok V300-001 |
![]() Emaille-Frontschild an der Ausstellungslok 142-001 (abweichendes Schriftbild) |
Das Bahnbetriebswerk Seddin stellte zum Umzeichnungsplan 1991/1992 für seine dort beheimateten Lokomotiven Eisenschilder mit Klebeziffern her. Darunter waren auch viele Loks der Baureihen 130 und 132 (ab 01.01.1992 Baureihe 230 und 232), welche an allen vier Seiten mit einem solchen Schild ausgerüstet wurden (außer den 230 mit den einstigen Glasschildern, diese erhielten diese nur an der Front). Folgende
Lokomotiven bekamen diese Schilder: |
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Viele Lokomotiven erhielten unterschiedliche "Verzierungen" durch ihr Planpersonal. So konnte eine auf Hochglanz geputzte Lok schließlich noch mit weißer Farbe an Einstiegstritten, Dachkanten oder Puffern versehen werden. Selbstverständlich fiel diese Art der Dekoration auch auf die Lokschilder, wenn auch meist nur auf die an den Stirnseiten angebrachten Pockauer Nietschilder (120 und 131). Das war einfach begründet: Die Frontschilder aus Emaille besaßen von Natur aus schon eine weiße Umrandung und die Seitenschilder waren wegen der Befestigungshöhe schwer zu erreichen. Einzig bislang bekannte Ausnahme ist das Seitengussschild von 132 001-9, welches auch eine weiß gemalte Umrandung trägt. Ein weiteres kleines
Schild brachte das Herstellerwerk ab 1973 am Rahmen der Lokomotiven an.
Das aus Messing bestehende Blechschild trägt die Aufschrift: "СДЕЛАНО В
CCCP" [SDELANO W SSS -> übersetzt: Hergestellt in UdSSR]. Das beidseitig
angebrachte Schild war anfangs nur unterhalb des Führerstandes Nummer 1
und später jeweils je Führerstand in Fahrtrichtung links am Lokrahmen
befestigt. Erste Lokomotive war nach jetzigem Kenntnisstand 131 046-5.
Diese und die folgenden 131 besaßen am Führerstand 1 beidseitig dieses
Schild. Bei der Baureihe 120 gab es diese Schilder ab der Betriebsnummer
120 315-7! Zu Beginn ebenfalls am Führerstand 1 beidseitig, ab
mindestens 120 320-7 dann je Führerstand in Fahrtrichtung links. |
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Seitengussschild der |
![]() Nietschild (NAlG-Pockau) der 120 044-3, mit weiß gemalten Ecken |
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Messing-Blechschild |
![]() Beispiel am Lokrahmen der 142 002-5 (in Fahrtrichtung links, grau überlackiert) |
Fälschungen | ||
Auch vor diesen Schilderarten macht die
„Fälscher-Szene“ leider keinen Halt. Eines vorab: Mit aller Deutlichkeit
ausgenommen vom Begriff „Fälschungen“ sind die neu angefertigten
Schilder für Museumslokomotiven, welche sich durch einen kurzen Blick
und auch ohne große Kenntnisse als solche identifizieren lassen. Also zu den „schwarzen Schafen“: Nachweislich gab es eine Firma in Schwerin, die Emaille-Frontschilder im Jahr 2004 so herstellen ließ, dass sie sich kaum von einem Original unterscheiden, weder von den Maßen, noch vom Schriftbild, noch von der Wölbung. Bekannt sind bislang folgende Nummern: V200 001 und 132 015-9. Zumindest bei diesen sollte ein Sammler stutzig werden und einen genaueren Blick darauf werfen. Ein weiterer „Fälscher“ fertigte Schilder von V 300 001 und 142 002-5, ebenfalls in Ausführung Emaille. Hier weichen jedoch die Ziffern und die Wölbung von dem originalen Schriftbild wesentlich ab. Eine weitere Fälschung ist ein Seitengussschild der 132 141-3. Hier bedarf es aber keiner großen Worte, weder auf der Vorder- wie auch auf der Rückseite passt rein gar nichts und eine Fälschung ist einfach zu identifizeren. Seitenguss- und Herstellerschilder, welche ebenfalls kaum von einem Originalschild zu unterscheiden sind, sind bisher noch nicht bekannt. |
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Emailleschild der 142 002-5, |
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Lieferungen |
Ein abschließender Überblick auf alle von der Lokfabrik „Oktoberrevolution“ nach Deutschland gelieferten Diesellokomotiven: V200 001 bis V200
314 120 315 bis 120
378 130 001 bis 130
036 130 037 bis 130
080 130 081 bis 130
100 130 101 bis 130
102 130 103 bis 130
108 131 027 bis 131
076 132 001 bis 132
539 132 540 bis 132
709 142 001 bis 142
006
Folgende Maschinen kamen nicht mehr zur Reichsbahn (DRo) Sie fuhren bei der Wismut bzw. im Geiseltal. Teilweise waren sie in den 80er Jahren von der DRo angemietet: V200 501 bis V200
505 V200 506 bis V200
515 |
Dieses umfangreiche Thema wurde von Sebastian Meinke ausgearbeitet, der sein großes Wissen über diese Schilder der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinen
Schilderfreunden Peter Finke, Mario Kottek, Tom Steiner, Mirko
Schiefer, Gerald Kammann, Leonhard Grunwald und Michael Arndt für die
Bereitstellung von Fotomaterial. Des Weiteren gebührt Dank für
Auszüge und Zeichnungen aus dem „Lokomotivschilder“-Buch des
EK-Verlages beim Mitarbeiter Mario Kottek.
Sebastian Meinke, Februar 2018
Gestaltet, korrigiert und bildtechnisch bearbeitet von Hans Dücker, Februar 2018